Am 03.11.2021 lud die Deutsche Versicherungsakademie (DVA) gemeinsam mit dem Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft (GDV) zur Tagung „Versicherungsvermittlung aktuell“ ein. Die Veranstaltung, der die Teilnehmer sowohl vor Ort als auch digital beiwohnen konnten, beschäftigte sich mit regulatorischen Herausforderungen der Branche, aber auch mit den Chancen, die gerade das Megathema Nachhaltigkeit für unabhängige Vermittler bietet.
Nach der Bundestagswahl
Zu Beginn der Tagung ging es um die Frage, welche Auswirkungen das Ergebnis der Bundestagswahl für die Branche nach sich ziehen könnte. Die Leiterin Vertrieb des GDV Elisabeth Stiller lieferte hierfür einen umfangreichen Überblick über die Wahlprogramme der Parteien und arbeitete anhand einzelner Punkte die wahrscheinlichen Konfliktlinien innerhalb der Koalitionsverhandlungen zwischen SPD, Bündnisgrünen und FDP heraus.
Provisionsverbotforderung darf nicht überbewertet werden
Nach Ansicht der Leiterin Vertrieb dürfen die Forderungen der Grünen nicht überbewertet werden. Sie entstammen einem Wahlprogramm, dass von einer Oppositionspartei ausgearbeitet wurde und dementsprechend radikale Forderungen transportiere – wie beispielsweise die Forderung nach einem Ende der Provisionsvergütung.
Umfassende Kompromisse unvermeidlich
Dennoch müsse festgehalten werden, dass die Koalitionäre in Spe bei den branchenrelevanten Punkten kaum Überschneidungen aufwiesen. Einigungen seien demzufolge laut Stiller nur über Themenblöcke hinweg zu erwarten. Doch selbst wenn der Provisionsdeckel auf nationaler Ebene nicht komme, braue sich auf EU-Ebene bereits etwas zusammen, so Stiller.
EU-Kleinanlegerstrategie
Thematisch an diesen Punkt anschließend, ging es beim zweiten Tagesordnungspunkt um die EU-Kleinanlegerstrategie, die der GDV-Vertriebsreferent Marc Schmiele vorstellte. Seinen Vortrag überschrieb Schmiele mit der Frage, ob es sich bei dieser EU-Strategie nicht um eine Vorwegnahme der IDD-Evaluierung handele.
Aktuelle Themen auf nationaler Ebene
Im dritten Tagesordnungspunkt übernahm Ralf Bolle, ebenfalls Vertriebsreferent beim GDV, die Aufgabe, einen Überblick über vertriebsrelevante Entwicklungen auf nationaler Ebene zu bieten. Im Zuge seines Vortrags behandelte Bolle die Themen Scheinselbstständigkeit, Telefonwerbung, Weiterbildungspflichten und die einschlägige aktuelle Rechtsprechung.
Provisionsdeckel in der Restschuldversicherung
Nach der Mittagspause widmete sich Siegmar Heß, Head of Legal bei AXA Partners dem Thema „Deckelung der Abschlussprovision in der Restschuldversicherung“, bevor mit dem Schwerpunkt Nachhaltigkeit und Vertrieb der zweite große thematische Block der Tagung angegangen wurde.
Nachhaltigkeit als Chance
Hier behandelte Matthias Pendl, Distribution Manager beim Versicherer Standard Life, im Anschluss das Megathema Nachhaltigkeit und die Reputationschancen, die sich daraus für den Vermittlerbetrieb ergeben. Dabei betonte Pendl die einmaligen Geschäftschancen, die sich durch Beschäftigung mit und Beratung über nachhaltige Investments für Makler ergäben. Gerade im jungen Kundensegment, aber auch in der gegenwärtigen Großelterngeneration gewännen Überlegungen, nachhaltige Investments zu tätigen, zunehmend an Bedeutung. Makler könnten hier also ihren tendenziell alternden Kundenbestand durch authentische und glaubhafte Beratung zu nachhaltigen Investments verjüngen.
Greenwashing verhindern
Pendl wies aber auch darauf hin, dass beim Thema Nachhaltigkeit Fallstricke lauern. Beispielsweise beim Thema „Greenwashing“. Bei der Gestaltung nachhaltiger Fonds seien die Versicherer allerdings an die Einstufung der Investmentbanken gebunden. Sie müssten an der Stelle einen gewissen Vertrauensvorschuss bieten, so Pendl, wenngleich auch Cross-Checks zur Überprüfung der Kriterien durchgeführt würden. Nichtsdestotrotz sollten Makler bei Beratung und Vermittlung nachhaltiger Fonds sehr genau prüfen, ob das Produkt den jeweiligen Nachhaltigkeitskriterien standhält, konstatiert Pendl.
Nachhaltigkeit im eigenen Unternehmen
Das Thema Nachhaltigkeit betreffe jedoch auch die Maklerbüros selbst. Für eine glaubhafte Außendarstellung empfiehlt der Standard Life-Referent auch hier eine Umstellung hin zu mehr Nachhaltigkeit. Konkret könnte diese Anpassung durch papierlose Büros oder auch den Bezug von Ökostrom erfolgen. Wichtig findet Pendl dabei, dass Makler diese Umstellung selbstbewusst nach außen kommunizieren sollten, um dadurch auch aktiv das junge Kundensegment anzusprechen. In diesem Zusammenhang verwies Pendl auf das Angebot an Weiterbildungsmaßnahmen für unabhängige Vermittler vonseiten von Standard Life.
Vorherrschende Ungewissheit
Abschließend gab der Referent zu Bedenken, dass sowohl auf die Versicherer als auch auf die Vermittlerbetriebe spätestens zum August 2022 neue Aufsichts- und Lenkungsanforderungen zukämen. Die konkreten Auswirkungen auf den Beratungsprozess und daraus resultierende neue Dokumentationspflichten seien aber noch nicht absehbar.
Neues rund um „gut beraten“
Im letzten Vortrag der gemeinsamen Tagung von DVA und GDV erläuterte Wolfgang Roth, stellvertretender Leiter Berufliche Bildung beim Berufsbildungswerk der Deutschen Versicherungswirtschaft, die Anpassung des Weiterbildungsdienstleisters „gut beraten“. Neben einem neuen System der Qualitätssicherung und den notwendigen technischen Anpassungen an der Datenbank spiele auch die Integration von neuen Lernzielen rund um das Thema Nachhaltigkeit eine wichtige Rolle. Ab August 2022 sehe der aktualisierten Rahmenlehrplan dementsprechend vor, auszubildenden Personen der Versicherungswirtschaft auch Lerninhalte zum Thema Nachhaltigkeit zu vermitteln. (as/tku)
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