Interview mit André Vieregge, Leiter Mobility Services bei der Schunck Group GmbH & Co. KG

Herr Vieregge, die Inflation treibt die Preise auch im Flottengeschäft. Wie haben sich die Prämien entwickelt?

Die Inflation ist auch im Kfz-Flottengeschäft angekommen und deutlich spürbar. Die großen Preistreiber sind hier – vor allem zum Leid der Kunden – die Ersatzteile und Reparaturkosten, die weitergegeben werden. Dennoch besteht die Möglichkeit, durch kreative Versicherungslösungen attraktive Angebote bereitzustellen. So bieten wir unseren Kunden unter anderem Lösungen an, die eine höhere Flexibilität bei der Eigentragung ermöglichen. Dazu zählen etwa fixe oder schadenquotenabhängige Schadenaggregate sowie optimierte Selbstbehalte.

Treiben neben der Inflation auch steigende Schäden durch Natur­gefahren die Prämien?

Im Versicherungsjahr 2022 selbst sind wir weitestgehend von Naturkatastrophen verschont geblieben. Betrachtet man die Großschadenereignisse der Vorjahre wie beispielsweise die Flutkatastrophe im Ahrtal 2021, fällt auf, dass auch diese Ereignisse von den Versicherern mit Augenmaß bewertet wurden. Das bedeutet, dass Schäden, die speziell durch solche (Natur-)Ereignisse eingetreten sind, in der Betrachtung der Gesamtschadenquoten nicht berücksichtigt und damit ausgeblendet oder zumindest gedeckelt wurden.

Welche Prämienentwicklung erwarten Sie dieses Jahr?

Auch für dieses Jahr erwarten wir eine Prämienerhöhung. Die Störungen in den Lieferketten und die dadurch angespannte Lage in der Fahrzeug- und Ersatzteilbeschaffung sowie deutlich gestiegene Energie- und Produktionskosten tragen ihren Teil dazu bei.

Finden viele Nachverhandlungen statt bzw. können Sie eine Sanierungswelle vonseiten der Versicherer feststellen?

Zum jetzigen Zeitpunkt ist die Aufstellung einer konkreten Pro­gnose dazu kaum möglich. Ein Grund dafür ist, dass die Renewalverhandlungen in den meisten Fällen überhaupt erst im vierten Quartal starten. Dennoch vermuten wir, dass eine generelle, große Sanierungswelle eher unwahrscheinlich ist, da unsere Flottenkunden jeweils individuelle Renewalangebote auf Basis ihrer Flottenkonstella­tion erhalten.

Größere Sanierungswellen selbst sind generell im Tarifgeschäft – und damit im Privat- und Kleinflottensegment – angesiedelt. Auch hier werden die Beitragsinformationen erst Ende des Jahres an den Kunden versendet. Somit ist auch hier keine genaue Prognose möglich.

Inwiefern unterstützen Sie als Makler die Kunden bei der Schadenprävention?

Der Trend geht immer mehr dahin, dass Flottenbetreiber einen unabhängigen Versicherungsmakler beauf­tragen, anstatt direkt mit dem Versicherer zu sprechen. Der Grund: Als Makler handeln wir ausschließlich im Kundeninteresse. Im Bereich der klassischen Versicherungslösungen bietet die SCHUNCK GROUP durch innovative sowie umfassende Schadensteuerung und Versicherungslösungen verschiedene Möglichkeiten, Schadenprävention zu betreiben.

Mit unserer hauseigenen Risikomanagementberatung, RMSecur, bieten wir unseren Kunden ein einzigartiges Risikomanagementprogramm an. In enger Zusammenarbeit mit den Kunden werden hier präventive sowie individuell an die Bedürfnisse der Kunden angepasste Maßnahmen erarbeitet.

Und was können Betriebe hier vor allem machen?

Wir stellen unseren Kunden eine Vielzahl von Optionen zur Verfügung. Über weiterführende Kooperationen im Schadenmanagement unterstützen wir unsere Kunden dabei, Schadenkosten zu reduzieren sowie den administrativen Aufwand zu senken.

Im Rahmen des Risikomanagements bieten wir zum Beispiel ergänzend Fahrerschulungen an oder optimieren gemeinsam mit dem Kunden Abläufe und Prozesse, was einen weiteren Bestandteil der Präventionsarbeit darstellt.

Sind denn auch Elektrofahrzeuge in den Flotten angekommen?

In den vergangenen Monaten konnten wir einen deutlichen Anstieg der anteiligen Nutzung von E-Fahrzeugen in den Pkw-Flotten beobachten. Im Bereich der Nutzfahrzeuge erwarten wir 2023 ebenfalls einen Anstieg. Generell werden wahrscheinlich bis 2023 ein Drittel aller neu zugelassenen Nutzfahrzeuge in Europa, in Nordamerika und in China von Batterien oder Wasserstoff bzw. Brennstoffzellen angetrieben, also „Zero Emission Vehicles“ genutzt. Bereits jetzt halten fast alle namhaften Nutzfahrzeughersteller im Bereich der E-Nutzfahrzeuge eine immer größer werdende Auswahl von Angeboten vor.

Die Nachfrage nach Ladestationen auf Firmengrundstücken mit öffentlichem Zugang steigt ebenfalls. Auch hier unterstützen wir unsere Kunden dabei, die THG-Prämie für die E-Ladestation zu erhalten.

Welche Besonderheiten bestehen bei der Absicherung von E-Flotten?

Im Bereich der E-Flotten ist es unabdingbar, eine spezielle Absicherung zu vereinbaren, da hier speziellere Voraussetzungen berücksichtigt werden müssen als bei reinen Verbrennerflotten. Diese Absicherung sollte speziell in den Rahmenverträgen inkludiert sein. Dabei ist es besonders wichtig, dass die deutlich höheren Anschaffungskosten im Rahmen der Versicherungssummenbegrenzung berücksichtigt werden. Gleichzeitig müssen auch der Austausch beschädigter Akkus sowie die erhöhten Abschlepp- und Bergungskosten durch besondere Auflagen bei havarierten E-Fahrzeugen entsprechend berücksichtigt sein, da es sich bei E-Fahrzeugen um Hochvoltsysteme handelt, von denen andere Gefahren ausgehen können.

Was treibt Sie darüber hinaus im Flottengeschäft um?

Das Flottengeschäft ist sehr vielfältig. So gibt es verschiedene innovative Ansätze wie etwa Kooperationen mit Herstellern oder Plattformanbietern, aber auch neue individuelle Lösungen wie etwa Telematiktarife fürs Flottengeschäft. Bei der SCHUNCK GROUP denken und handeln wir bereits seit Langem digital. Vor allem die Verfügbarkeit von Daten wird eine immense Rolle spielen, die bei der Entwicklung vom Flottengeschäft selbst den Turbo ordentlich ankurbelt. Vor allem durch den Gewinn von Fahrdaten bei der Telematik sehen wir viel Entwicklungspotenzial. Wir haben in diesem Bereich einige Projekte gestartet und werden weiter in das Thema Daten und Verfügbarkeit von Daten investieren.

Wie sieht das Flottengeschäft bei SCHUNCK aus?

Als Marktführer in der Logistikbranche liegt hier ganz klar einer unserer Schwerpunkte. Allerdings zählen zu unseren Kunden auch namhafte Unternehmen aus Industrie und IT. Durch unsere speziell an die individuellen Bedürfnisse der Kunden angepassten Prozesse und flexiblen IT-Tools sind wir in der Lage, sowohl Kleinflotten als auch Flottengrößen mit mehr als 10.000 Stück in ihrer Komplexität darzustellen und zu versichern.

Wie gestaltet sich der Wettbewerb? Konkurrieren Sie mit Maklern, Vertretern, Autohändlern oder auch Online-Anbietern?

Zu unseren Wettbewerbern zählen namhafte Industrie- und Branchenmakler im nationalen und internationalen Vergleich. Aufgrund der fachlichen Expertise unseres Teams, unserer umfassenden Services und unserer digitalen Lösungen und Kooperationen sind wir als SCHUNCK GROUP im Markt sehr gut und zukunftsorientiert aufgestellt. Daher sehen wir diesem Wettbewerb sehr positiv entgegen. Denn wie heißt es so schön: Wettbewerb belebt das Geschäft.

Deutschland treibt die Verkehrswende voran. Das Mobilitätsverhalten soll sich verändern, die Autos sowieso. Werden wir hier – schon bald – große Veränderungen sehen?

Bei der Veränderung des Mobilitätsverhaltens sehen wir ganz klar Themen wie Carsharing oder autonomes Fahren im Vordergrund. Beide Themen sind bereits seit einiger Zeit in aller Munde. Nach unserer Einschätzung wird die Relevanz in den nächsten Jahren weiterhin zunehmen. Eine kurzfristige Veränderung bei diesen Themen sehen wir vor allem in unserer Zielgruppe, den Gewerbetreibenden, noch nicht, da sich solche Lösungen für Unternehmen nicht so einfach realisieren lassen.

Dennoch sind unsere Kunden vor allem im Bereich der Antriebsarten sehr innovativ. Hier bestehen bereits Planungen sowie erste Umsetzungen, Fuhrparks durch ­E- und Wasserstoffautos zu ergänzen und zukünftig vielleicht sogar ganz zu ersetzen.

Dieses Interview lesen Sie auch in AssCompact 04/2023, S. 38 f., und in unserem ePaper.

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Bild: © André Vieregge, Schunck Group GmbH & Co. KG bzw. © kaptn – stock.adobe.com
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