Die Anforderungen an das urbane Leben im Alter sind einem Wandel unterworfen. Dies zeigt die Trendstudie des Marktforschungsinstituts Ipsos im Auftrag von Carestone, für die bundesweit Senioren und Branchenexperten befragt wurden. Demnach wollen 74% der befragten Senioren im Alter im Zentrum leben, in regulären oder gehobenen Wohnvierteln. „Interessant ist, dass Services rund um den Alltag wie Unterstützung bei Online- und Mobilfunk-Themen, Behördengängen oder beispielsweise Carsharing den zukünftigen Bewohnerinnen und Bewohnern viel wichtiger sind als Gesundheitsservices in der Wohnanlage“, erläutert Dr. Karl Reinitzhuber, CEO von Carestone.
Urban, unabhängig und mittendrin
Laut Studie möchten künftige Seniorengenerationen so lange wie möglich urban, individuell und mit größtmöglicher Unabhängigkeit in der Mitte der Gesellschaft leben. So wollen fast zwei Drittel der Befragten aktiv am sozialen Leben teilhaben und suchen bewusst nach Aktivitäten außerhalb des eigenen Wohnraums. Künftige Seniorengenerationen möchten ihren Tagesablauf selbst bestimmen, weitestgehend eigenständig bleiben und das Leben in der Wohnanlage mitgestalten.
Trend zur individualisierten Gemeinschaft
Diese Entwicklung bestätigt auch Oona Horx-Strathern, Zukunfts- und Trendexpertin: „Die sogenannte individualisierte Gemeinschaft ist einer der Trends. Die Menschen wollen ihre Privatsphäre wahren, aber nicht allein leben. Gemeinschaftliche Wohnformen in den Städten können dafür eine Lösung sein.“ Bei den Befragten ist die Bereitschaft, sich räumlich zu verkleiner, deutlich ausgeprägt: Jeder fünfte wünscht sich eine Wohnung zwischen 45 und 55 qm2, 23% wollen künftig in 55 und 65 qm2 leben. Für Senioren sei es wichtig, beherrschbare Wohnungsgrößen zu haben, so Dr. Reinitzhuber.
Innovative Wohnformen und nachhaltige Konzepte gefragt
Am Thema Nachhaltigkeit führt für die zukünftigen Seniorengeneration kein Weg vorbei. Wie die Umfrage zeigt, unterstreichen Aspekte wie Solarpanel, Heizen mit Erdwärme, Ladestationen für E-Autos die hohe Relevanz des Themas bei älteren Menschen. Die deutliche Mehrheit setzt auf ein grünes Umfeld, beispielsweise mit Parkanlagen (87%) und Gärten (75%). Eine unkomplizierte Anbindung an öffentliche Verkehrsmittel ist etwa 81% der Befragten wichtig. Für rund 40% zählt außerdem der Einsatz von nachhaltigen Baustoffen. „Unsere Studie zeigt, dass sich die Anforderungen an das urbane Leben im Alter verändern. Es braucht deutlich differenzierte Wohnformen für das Zuhause in der späten Lebensphase. Diese gibt es heute praktisch noch nicht“, so Dr. Reinitzhuber weiter.
Quartiers- und Stadtentwicklung vor Herausforderung
Wie aus der Studie weiter hervorgeht, werden städtische Quartiere, die dem Wunsch nach Teilhabe am sozialen Leben besser nachkommen, von zukünftigen Bewohnern stärker nachgefragt. Dies sei schon heute ein entscheidendes Kriterium für Altersimmobilien in Innenstädten, so die Studienautoren.
Nachfrage nach altersgerechten Immobilien übersteigt Angebot deutlich
Doch das bestehende Angebot kann mit der hohen Nachfrage bei Weitem nicht mithalten. Die Kluft dürfte künftig noch weiter zunehmen. Dem Wunsch nach Wohnen in Innenstadtlage stehen laut Carestone hohe Kosten für Flächen und Altimmobilien gegenüber. „Wir laufen Gefahr, dass die Älteren im Wettbewerb um begehrten Wohnraum in den Metropolen den Kürzeren ziehen. Deshalb müssen die Bedürfnisse der älteren Generationen bei der Stadtentwicklung deutlich stärker berücksichtigt werden. Alle Beteiligten sollten diesem Thema eine höhere Priorität geben“, unterstreicht Dr. Reinitzhuber.
Quote für altersgerechte Wohnformen denkbar
Aktuell werde die Relevanz von altersgerechtem Wohnen bei der Quartiers- und Stadtplanung von den befragten Experten jedoch noch als viel zu gering wahrgenommen. „Unser Anspruch ist es daher, ein entsprechendes Bewusstsein zu schaffen und als strategischer Partner alle Beteiligten an einen Tisch zu bekommen.“ In der Stadt- und Quartiersplanung sollte das altersgerechte Wohnen im urbanen Raum konzeptionell in den Mittelpunkt gestellt werden. Als mögliche Wege schlägt Carestone eine eigene Nutzungsart im Bauplanungsrecht vor oder eine Quote für altersgerechte Wohnformen. Außerdem sollten Senioren- und Pflegeimmobilien mit staatlich gefördertem Wohnungsbau innerhalb der Sozialquote gleichgestellt werden. Carestone fordert daher, Flächen bzw. Altimmobilien für kreative Quartiersentwicklungen freizugeben. Die entstehende diversere Sozial- und Altersstruktur seien für die Städte eine Bereicherung.
Auch Pflegebranche kann von neuen Konzepten profitieren
Auch für die Pflegebranche könnten innovative Konzepte für urbanes Leben Vorteile bieten. „Wenn moderne Arbeitsplätze in den Innenstädten entstehen, gewinnen auch die Pflegebetreiber als Arbeitgeber an Attraktivität. In Zeiten des Fachkräftemangels kann das ein entscheidendes Plus sein“, erklärt Stephanie Hollaus von Ipsos. (tk)
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