Für die GmbH eines führenden Herstellers von Betonprodukten sowie Designelementen für die Gestaltung von Gärten, Terrassen und Außenanlagen, der über verschiedene Betonwerke verfügt, sind seit Jahren zumeist rumänische Staatsangehörige tätig. Diese werden von der GmbH als selbstständige Unternehmer angesehen und gründeten zahlreiche Gesellschaften bürgerlichen Rechts (GbR), die aus jeweils zwei oder mehr Personen bestehen. Alle Gesellschaftsverträge haben denselben Wortlaut und das identische Schriftbild. In den Verträgen ist festgelegt, dass die Gesellschafter keine Sach- und Bareinlagen, aber ihre gesamte Arbeitskraft einbringen. Alle GbRs haben dieselbe Geschäftsanschrift, nämlich die Wohnanschrift aller rumänischen Gesellschafter, die in einer Gemeinschaftsunterkunft leben. Mit den GbRs schloss die GmbH dann Rahmen- und Werkverträge. Als Ansprechpartner für Verhandlungen zwischen ihr und allen GbRs fungierte ein Mittelsmann. Die GmbH stellte für die Arbeiten Anlagen, Betriebsmittel und Zubehör zur Verfügung.

Im Oktober 2015 beantragte die GmbH die Statusfeststellung der Gesellschafter der GbRs. Sie gab an, dass die Auftragnehmer selbstständig tätig seien. Sie dürften die Aufträge delegieren, würden nur bei ordnungsgemäßer Erfüllung bezahlt und seien ansonsten bei Nicht- oder Schlechtleistung sowie für Schäden haftbar. Sie seien nicht eingegliedert. Die Durchführung der Aufträge werde nicht kontrolliert, sondern nur das fertige Werk abgenommen.

Kurz darauf beantragten auch die Gesellschafter einiger GbRs die Statusfeststellung. Sie gaben an, Arbeitnehmer zu beschäftigen und außer für die betreffende GmbH des Betonproduktherstellers für zwei weitere Auftraggeber tätig zu sein.

Sozialversicherungsträger stellt abhängige Beschäftigung fest

Mit Bescheiden vom 24.04.2017 stellte der Sozialversicherungsträger gegenüber der GmbH sowie einem der GbR-Gesellschafter fest, dass die Tätigkeit des betreffenden Gesellschafters für die GmbH ab dem 19.10.2015 im Rahmen einer abhängigen Beschäftigung erfolge und Versicherungspflicht zu allen Zweigen der Sozialversicherung bestehe, denn wesentliche Merkmale für eine selbstständige Tätigkeit lägen nicht vor: So erfolge die Tätigkeit auf dem Betriebsgelände der GmbH mit deren Maschinen und Arbeitsmaterialien. Die Arbeitszeiten seien nicht frei wählbar. Es bestehe kein eigenes unternehmerisches Handeln mit entsprechenden Chancen und Risiken und kein eigener Kapitaleinsatz mit Gefahr des Verlustes.

Die GmbH klagte dagegen, das Sozialgericht (SG) wies die Klage mit Urteil vom 03.09.2020 jedoch ab. Das LSG bestätigte nun das erstinstanzliche Urteil.

Gesellschafter konnten Tragweite der GbR-Gründung nicht erfassen

Zur Begründung führte das LSG Baden-Württemberg unter anderem Folgendes aus: Ein ernsthafter Rechtsbindungswille des Gesellschafters einer der GbRs – der im Verfahren Beigeladener ist –, seine Tätigkeit in der Rechtsform der GbR auszuüben, sei seinen Aussagen in der mündlichen Verhandlung vor dem SG nicht zu entnehmen. Der Beigeladene habe mangels Sprachkenntnissen die Tragweite und die Umstände der GbR-Gründung gar nicht erfassen können. Er habe bestätigt, dass er nur habe arbeiten wollen und einfach das unterschrieben habe, was ihm von der GmbH bzw. ihrem Mittelsmann vorgelegt worden sei. Der Beigeladene habe weder seine Rechtsposition als Gesellschafter erfasst noch die Tatsache, dass die GbR in die Rechtsbeziehung zwischen ihn und die GmbH geschaltet wurde, um die Sozialversicherungspflicht zu umgehen.

LSG: GbR ist leere Hülse

Insofern habe die GbR nach Ansicht des LSG eine leere Hülse dargestellt, die nur zum Schein gegründet wurde. Dementsprechend hätten sämtliche GbRs inhaltsgleiche Vereinbarungen und als Geschäftsadresse das Wohnheim der rumänischen Arbeitskräfte angegeben. Es handele sich somit um ein von der GmbH entworfenes Konstrukt, das den rumänischen Arbeitern einseitig und ohne Mitwirkung und Einflussnahme auf die Ausgestaltung zur Unterschrift vorgelegt worden sei. Den rumänischen Arbeitern sei es nur darum gegangen, zu arbeiten, ohne dass sie die rechtlichen Umstände der Beschäftigung hätten erfassen und beeinflussen können.

So sei der Beigeladene auch in den Betrieb der GmbH eingegliedert und deren Weisungen unterlegen gewesen. Er habe keinerlei unternehmerisches Risiko getragen und weder über eine eigene Betriebsstätte noch über Betriebsmittel verfügt. Auch nach dem Gesellschaftsvertrag habe er keine Bar- und Sachmittel, sondern nur seine Arbeitskraft eingebracht. Der Beigeladene habe auch keine konkreten Angaben über die Beschäftigung von Arbeitnehmern durch „seine“ GbR machen können. Da die Preise für sämtliche GbRs gleich gewesen seien, liege eine einheitliche Preisvorgabe und -gestaltung durch die GmbH für alle GbRs nahe. Nach alledem habe es sich bei der näher betrachteten GbR um eine nach § 117 BGB unwirksame Scheinkonstruktion gehandelt, bei der der Beigeladene lediglich als Marionette der GmbH und des Mittelsmanns fungiert habe. (ad)

LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 25.10.2021 – L 8 BA 3118/20

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