Gut sechs Jahre nach Bekanntwerden des Diesel-Skandals haben zahlreiche Betroffene juristische Auseinandersetzungen mit dem VW-Konzern angestrengt und Schadensersatzforderungen gestellt. Zehntausende Klagen vor deutschen Gerichten sind noch anhängig. Nicht wenige nahmen ihre Rechtsschutzversicherung dafür in Anspruch. Der Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft (GDV) hat nun neue Zahlen über die Belastung der Rechtsschutzversicherer in der Diesel-Affäre vorgelegt. Demnach steigen die Prozesskosten nach GDV-Angaben weiter an. „Die Aufwendungen der Rechtsschutzversicherer für Anwalts-, Gerichts- und Gutachterkosten haben sich auf 1,21 Mrd. Euro erhöht“, sagte GDV-Hauptgeschäftsführer Jörg Asmussen am Freitag in Berlin. Der Schadenaufwand der Rechtsschutzversicherer hat sich damit seit Mai 2020 nahezu verdoppelt.

Prozesskosten im Diesel-Skandal auf Rekordstand
Diesel-Skandal als teuerstes Schadenereignis der Rechtsschutzversicherer

„Der Dieselskandal bleibt damit das teuerste Schadenereignis in der Rechtsschutzversicherung überhaupt“, resümierte der Spitzenfunktionär. Nach den jüngsten Erhebungen der Versicherungswirtschaft nahmen bis Ende Oktober rund 380.000 Kunden ihre Rechtsschutzversicherung im Streit mit Autoherstellern wegen mutmaßlich manipulierter Abgaswerte in Anspruch. Das sind über 25.000 Fälle mehr als im Mai. „Der Gesamtstreitwert aller über die Rechtsschutzversicherer abgewickelten Diesel-Rechtsschutzfälle ist damit auf 9,8 Mrd. Euro gestiegen“, so Asmussen. „Der durchschnittliche Streitwert pro Diesel-Fall liegt inzwischen bei rund 26.000 Euro.“ Zu Beginn des Diesel-Skandals betrug er noch 22.500 Euro. „Das zeigt, dass zunehmend höherpreisige Fahrzeuge und Premiumhersteller in den Fokus geraten sind“, sagte der GDV-Hauptgeschäftsführer.

Künftig auch Zulieferer im Fokus der Ermittlungen?

Nach Angaben der Tagesschau wird in der Aufarbeitung der Affäre neben den Autobauern mittlerweile auch die Rolle der Zulieferer stärker untersucht. Die Frage, ob die Lieferanten von VW etwas von den Manipulationen gewusst haben könnten, steht bereits seit Jahren im Raum. So hat die Staatsanwaltschaft Hannover nun ihre Ermittlungen im Fall des Zulieferers Continental ausgeweitet. Wegen des Verdachts auf Beihilfe zum Betrug, Untreue sowie einer möglichen vorsätzlichen Aufsichtspflichtverletzung wird gegen drei frühere Conti-Spitzenmanager ermittelt, wie die Justizbehörde bekanntgab. Auch gegen zwei leitende Mitarbeiter unterhalb der Vorstandsebene liefen Untersuchungen. Continental kommentierte den Vorgang mit Verweis auf die laufenden Ermittlungen nicht.

Hintergrund des Diesel-Skandals

Der Dieselskandal war im September 2015 aufgeflogen. Die US-Umweltbehörde EPA teilte damals mit, dass Volkswagen Abgaswerte manipuliert habe. Knapp eine halbe Million Autos musste daraufhin in den USA zurückgerufen werden. VW gab zu, dass die Software in elf Millionen Fahrzeugen weltweit steckt. Seitdem kam heraus, dass auch andere Hersteller Abgaswerte manipulierten. Allein in Deutschland soll es sich um rund 2,5 Millionen Fahrzeuge handeln. Infolgedessen verurteilte der BGH den VW-Konzern bereits in einem exemplarischen Fall wegen sittenwidriger vorsätzlicher Schädigung. (as)

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