Interview mit Dr. Rolf Wiswesser, Vorstand Maklergeschäft Schaden- und Unfallversicherung der Allianz VersicherunGS-AG

Herr Dr. Wiswesser, die Allianz hält in den meisten Sparten beachtliche Marktanteile. Nur im privaten Sachgeschäft will es nicht so klappen. Woher kommt’s?

Die Allianz ist in der Sachversicherung historisch stark im Firmengeschäft. Dort werden wir unsere bewährten Stärken in Zeichnungskapazität und Beratungsqualität selbstverständlich weiterführen. Im Privatgeschäft haben wir noch keine vergleichbare Marktposition und sehen es deshalb als bedeutendes Wachstumsfeld. Hierfür haben wir verstanden, dass neue Produkte und Prozesse konsequent auch für den Maklermarkt gestaltet werden müssen. Bei der Entwicklung unseres neuen Privatschutz-Produkts, das ab Oktober 2021 zur Verfügung steht, haben wir deshalb auf den Erfahrungen aus der erfolgreichen Einführung des neuen Privat-Kraft-Produktes bei den Maklern in 2017 aufgebaut.

Gutes Stichwort: Wir haben uns schon damals über dieses Thema unterhalten, als Sie gerade Ihre neue Kfz-Versicherung lanciert hatten. Das Versprechen war, Kunden verständlichere Bedingungen zu präsentieren. Was hat sich seither getan?

Wir sind unseren erfolgreichen Weg weitergegangen und haben kontinuierlich an unserem Angebot in Privat-Kraft gearbeitet. Klar formulierte Bedingungen sind uns dabei genauso wichtig wie exzellente Leistungen zu einem fairen Preis. Um dies im Umfeld von Digitalisierung und neuer Mobilität sicherzustellen, entwickeln wir unsere Leistungen jedes Jahr weiter. Im neuen Tarif 2021 bieten wir unseren Kunden zum Beispiel eine innovative Komplettlösung für E-Mobilität und eine Update-­Garantie für die Bedingungen an.

Nun startet gerade wieder die Kfz-Wechselsaison. Gehen Sie in einen Preiswettbewerb?

So viel vorweg: Wir werden unseren Kunden auch in diesem Jahr einen attraktiven und risikogerechten Preisrahmen bieten. Zudem besteht mit unserem sehr erfolgreichen Telematiktarif „BonusDrive“ und dem WerkstattBonus für unsere Kunden immer die Möglichkeit, Top-Leistungen auch zu einem sehr günstigen Preis zu versichern. Aber man muss auch erwähnen: Neben stark steigenden Ersatzteilpreisen sind in diesem Jahr leider auch Unwetterereignisse wieder ein sehr präsentes Thema, das in der Kalkulation der Tarife Berücksichtigung findet.

Dem Erfolg in der Kfz-Versicherung soll nun der im Privatschutz folgen. Was haben Sie dafür getan?

Bisher haben unsere Produkte und Prozesse im Privatschutz nicht zum Maklervertrieb gepasst. In unserem neuen Privatschutz sind die Produkte nun wettbewerbsfähiger, einfacher und flexibler als die Generation zuvor. Bei allen Produkten haben wir die Inhalte und Prozesse hinterfragt und teilweise radikal neu aufgelegt: die Technik der aktuellen Online-Antragsstrecken, die Versicherungsbedingungen, den Produktaufbau, das Pricing sowohl im Neu- als auch im Ersatzgeschäft, um nur einige zu nennen. Das Ergebnis ist eine auch auf den Maklervertrieb zugeschnittene Lösung. Der Fokus liegt dabei ganz klar auf digital abgebildeten Prozessen. Die Produkte Hausrat-, Haftpflicht- und Wohngebäudeversicherung stehen den Maklern neben der Antragsstrecke der Allianz nun auch auf mehreren Vergleichern zur Verfügung. Wir sehen uns jedoch noch lange nicht am Ziel und bauen unsere Schnittstellen kontinuierlich aus: Die Rechtsschutzversicherung folgt bis Jahresende und wir bieten unsere Lösungen weiteren Vergleichsrechnern an.

Also mehr Leistung zu einem günstigeren Preis?

Mit unseren vier Produktlinien können wir jeder Zielgruppe das passende Produkt zu einem attraktiven Preis anbieten. Dies reicht vom „Basis“-Produkt für den preissensiblen Kunden bis hin zu unserem „Premium“-Produkt für den anspruchsvollen Kunden. Unser Ziel bei der Produktentwicklung war es, für die Kunden leicht verständlich und vor allem im Schadenfall komplett überraschungsfrei zu sein. Wir haben zum Beispiel ein sehr gutes „Smart“-Produkt zu einem sehr guten Preis-Leistungs-Verhältnis und ein „Komfort“-Produkt, das etwa bei Wohngebäude und Hausrat nicht nur im Schadenfall zahlt, sondern ein umfangreiches Service-Paket mit Handwerkerleistungen enthält. Hinter allen Leistungen stehen dabei immer die Verlässlichkeit, Service-Qualität sowie Finanzstärke der Allianz.

Auch hier geben Sie das Versprechen ab, verständlich und kundenorientiert zu sein. Gibt es dazu ein, zwei kurze, prägnante Beispiele?

Wir haben aus Kundenbefragungen und Beschwerdeanalysen im Rahmen der Produktentwicklung gelernt. So sind unsere Bedingungen transparenter und übersichtlicher geworden und enthalten viele erläuternde Praxisbeispiele. Auch inhaltlich haben wir uns dadurch verbessert: Beispielsweise sind heute ab der Linie Smart in Wohngebäude die Beschädigungen durch Menschen und Tiere mitversichert. Zudem sind Überspannungs- und Sengschäden bei Wohngebäude und Hausrat in jeder Linie enthalten und in der Wohngebäude- und Hausratversicherung bieten wir einen Schutz bereits ab Windstärke 7 statt wie üblicherweise 8.

Eigentlich sprechen wir aber von einer hohen Standardisierung im privaten Sachgeschäft. Da geht es auch um das Bestehen in Vergleichsprogrammen. Kann es hier überhaupt echte Innovationen geben?

Definitiv ja, denn Innovationen können auf allen Ebenen stattfinden. Die Produkte müssen schließlich mit Blick auf aktuelle Ereignisse oder gesellschaftliche Entwicklungen kontinuierlich weiterentwickelt werden, zum Beispiel beim Thema automatisiertes und autonomes Fahren. Wir müssen unverzüglich auf Kundenbedürfnisse reagieren. Des Weiteren stehen wir in ständigem Austausch mit den Anbietern von Vergleichsprogrammen, um gemeinsam die besten Lösungen zu entwickeln, auch wenn dies Herausforderungen mit sich bringt.

Und bleibt es auf Dauer überhaupt ein Geschäft für Makler?

Selbstverständlich! Makler zeichnen sich durch ihre heraus­ragende Beratungsleistung für den Kunden aus und haben ihr Ohr direkt am Markt. Das ist die beste Voraussetzung für einen nachhaltigen Erfolg. Zudem ist eine stabile Ertragslage aus jährlich wiederkehrenden Betreuungsvergütungen ein wichtiger Faktor.

Welches Geschäft ist Ihnen denn bei den Privatsparten das liebste? Geht man nach dem steigenden Angebot, scheinen vor allem Tierversicherungen im Trend zu sein.

Jedes profitable Geschäft ist uns lieb. Bei der Tierkrankenversicherung haben Sie recht, immer mehr Ver­sicherer entdecken dieses Wachstumsfeld für sich. Ein möglicher Treiber ist vermutlich, dass sich viele Menschen während des Lockdowns und aufgrund wachsender Home-­Office-Möglichkeiten ein Haustier zugelegt haben und die tierischen Mitbewohner stärker in den Lebensmittelpunkt gerückt sind. Ich bin selbst mit Tieren aufgewachsen und weiß aus eigener Erfahrung, dass bei Tierversicherungen noch einmal eine ganz eigene emotionale Komponente ins Spiel kommt. Die Produktmöglichkeiten sind dabei vielfältig, sowohl um die Gesundheit eines wortwörtlichen Haustieres abzu­sichern als auch die eines bei sport­lichen Wettkämpfen aktiven Pferdes. Im letzteren Fall empfinde ich auch die Absicherung der Reiterinnen und Reiter als essenziell, da bewegen wir uns dann aber natürlich im Bereich meiner Kollegen der Allianz PKV.

Komplizierter wird es in Rechtsschutz und Wohngebäude. Wie risikoreich ist dieses Geschäft?

Risikogerechtes Pricing ist das Stichwort. Wir nutzen hierbei viele externe Datenquellen, um die Risiken korrekt einzuschätzen, zum Beispiel beziehen wir Geodaten und GDV-Daten ein. Den GDV-­Datenserver haben wir durch die hohe Anzahl unserer Tarifierungs­anfragen bereits mehrmals in die Knie gezwungen. Im Endeffekt hilft uns das Know-how unseres Aktua­riats gepaart mit langjähriger Erfahrung, unsere sehr große Kundenbasis und der Einsatz neuer Daten.

Zum Schluss noch ein kurzes Wort zu der Flutkatastrophe vom Juli: Wie haben Sie im Zusammenspiel mit der Maklerschaft die Schaden­regulierung erlebt und welche Konsequenzen erwarten Sie aus Vertriebssicht?

Die Flutkatastrophe hat uns alle schockiert. Gerade bei so einem schlimmen Ereignis ist schnelle Hilfe unerlässlich. Ich bin den Maklern dankbar, dass sie für die betroffenen Kunden unmittelbar zur Verfügung standen und sich eng mit der Allianz ausgetauscht haben. Wir selbst haben in direkter Folge zu den Geschehnissen die Mitarbeiterzahlen in der Schadenbearbeitung deutlich erhöht, damit wir schnellstmöglich mit Vorauszahlungen und der Bestellung von Hilfsgeräten unterstützen konnten.

Mit Blick auf zukünftige Ereignisse kann ich aus Vertriebssicht bei aller Bescheidenheit sagen, dass unser Extremwetterschutz unter den besten am Markt ist. Wir haben unsere Produkte, Tarife und Zeichnungsprozesse auf Extremwetterereignisse dieser Art ausgerichtet und müssen daher keine Änderungen vornehmen. Allgemein sehen wir aus Vertriebssicht, dass die Nachfrage nach Extremwetterschutz aktuell steigt. Diesen Effekt sehen wir aber immer nach einer Naturkatastrophe. Ich hoffe, dass diesmal der Trend anhält.

Dieses Interview lesen Sie auch in AssCompact 10/2021 und in unserem ePaper.

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Source: ImmoCompact