Nachhaltigkeitsfragen – und dabei besonders die Themen Klima und Umwelt – sind wesentliche Einflussfaktoren auf die Strategie sowie das operative Handeln von Versicherungsunternehmen. Das ist das Ergebnis einer Studes Beratungsunternehmens Ernst & Young (EY) in Zusammenarbeit mit dem Forschungsinstitut V.E.R.S. Leipzig GmbH.

Nachhaltigkeit mit sehr hoher Gegenwarts- und Zukunftsbedeutung

Bereits heute erreicht die Einschätzung der Relevanz von Nachhaltigkeit bei den befragten Unternehmen einen Indexwert von 84 auf einer Skala von Null bis Einhundert. Innerhalb der nächsten zwei Jahre steigt dieser Bedeutungsindex sogar auf 94 an. Das Thema Nachhaltigkeit gilt damit als eine feste Einflussgröße auf die strategischen Entscheidungen in der Versicherungswirtschaft. „Für eine ganzheitliche Transformation der Branche müssen die Unternehmen gleich mehrere Herausforderungen meistern“, erklärt Thomas Korte, Partner und Head of Insurance bei EY. „Zum einen müssen sie die ESG-Faktoren in ihre Angebote integrieren – auch um die veränderten Kundenwünsche zu bedienen. Zum anderen gilt es, die gesamtwirtschaftlich bedeutende Kapitalanlage von fast 1,8 Billionen Euro ökonomisch und ökologisch verantwortungsbewusst anzulegen. Und schließlich tragen sie mit dem Underwriting wesentlich zur Entwicklung ökologisch positiver oder negativer Geschäftsfelder bei.“ Konkret haben weltweit bereits 23 der 30 größten Versicherungsunternehmen ihre Geschäfte mit der Kohleindustrie eingeschränkt oder beendet. Immer mehr Unternehmen verpflichten sich auf ein klimaneutrales Anlageportfolio und ein klimaneutrales Versicherungsportfolio bis 2050.

Wichtige strategische Handlungsfelder in der Versicherungswirtschaft

Die wichtigsten Handlungsfelder für die befragten Unternehmen sind derzeit

  • die Kapitalanlage (Indexwert: 78),
  • die eigene Unternehmensinfrastruktur (Fuhrpark, Gebäude etc., Indexwert: 74),
  • die Kommunikation (Indexwert: 74),
  • Human Resources (Indexwert: 73) und
  • Risikomanagement (Indexwert: 71).

Mit Blick auf die künftigen Potenziale werden nach Einschätzung der Befragten aber andere Bereich deutlich an Bedeutung gewinnen. Sie erwarten in den kommenden zwei Jahren einen wesentlichen Anstieg der Relevanz von Nachhaltigkeit beim Pricing, im Vertrieb sowie im Leistungs- und Schadenmanagement. „Das sind zentrale Funktionen der Wertschöpfungskette von Versicherern“, erklärt Prof. Dr. Fred Wagner, Direktor des Instituts für Versicherungslehre an der Universität Leipzig und Co-Autor der Studie. „Offensichtlich sehen die Versicherer hier besonderen Handlungsbedarf.“

Versicherer in zentraler Rolle bei der Nachhaltigkeitswende

Die Kapitalanlage gilt derzeit als größter Stellhebel, um Finanzströme stärker in nachhaltige Wirtschaftsaktivitäten zu lenken. Auch die Politik sieht die Versicherungswirtschaft daher in Verantwortung und einer Vorreiterrolle beim Thema Nachhaltigkeit. Im Fokus steht dabei die Berücksichtigung von Nachhaltigkeitsaspekten bei der Kapitalanlage. Dabei setzen die befragten Unternehmen laut Studie vor allem auf die Einhaltung der Principles for Responsible Investment (PRI), Positiv- und Ausschlusskriterien sowie die Dekarbonisierung des Portfolios. Aktive Maßnahmen wie Engagement oder Impact Investment haben noch eine vergleichsweise geringe Bedeutung. Aber auch das Underwriting bzw. Pricing wird als wichtiger Einflussfaktor angeführt, mit dem die Versicherer Verantwortung übernehmen können. „Die Branche ist sich ihrer Rolle für die grüne Transformation unserer Wirtschaft bewusst“, sagt Korte. „Allerdings stehen die Unternehmen erst am Anfang ihrer Bemühungen.“

Studiendesign

Für die Studie wurden 22 Erstversicherungsgesellschaften befragt, die auf dem deutschen Markt aktiv sind. Sie decken einen Marktanteil von 58% ab. Hinzu kamen drei Rückversicherer sowie fünf große Vertriebsgesellschaften. Abgerundet wurde die Befragung durch eine Einschätzung der politischen Parteien zur Rolle der Versicherungswirtschaft für die Transformation der Wirtschaft. (as)

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Source: ImmoCompact