Das Zinsjahr 2020 ist dermaßen enttäuschend verlaufen, dass sogar 30-jährige deutsche Staatsanleihen über mehrere Monate im negativen Bereich notierten. 2021 haben sich die Zinsmärkte zwar wieder etwas erholt, aber die Europäische Zentralbank (EZB) hält trotz der kurzfristig angestiegenen Inflation weiterhin an ihrer lockeren Geldpolitik fest. Eine wirklich nennenswerte Zinserholung lässt also weiter auf sich warten.

71 deutsche Lebensversicherer unter der Lupe

Vor diesem Hintergrund hat die Rating-Agentur Assekurata die Ertragskraft von 71 deutschen Lebensversicherern unter die Lupe genommen. Die Analyse, die Assekurata Ertragskraft-Garantie-Check (EKG-Check) nennt, ist bereits die sechste ihrer Art und es wurden dafür zahlreiche Kennzahlen zu Ertrag, Sicherheit und Beständen zusammengetragen.

„Historisch niedrige Zinsen treffen Lebensversicherer in mehrfacher Hinsicht“, kommentiert Lars Heermann, Bereichsleiter Analyse und Bewertung bei Assekurata, die neuen Studienergebnisse, „denn sie können immer weniger laufende Erträge aus der Kapitalanlage vereinnahmen und müssen oft noch hohe Altgarantien in ihren Beständen erfüllen.“ Seit 2011 müssen die Lebensversicherer hierfür eine Zinszusatzreserve (ZZR) bilden, die bis Ende 2020 marktweit auf rund 86 Mrd. Euro angewachsen ist. Trotz der leichten Zinserholung ist der für die ZZR-Berechnung geltende Referenzzins 2021 aber weiter gefallen. Daher rechnen die Studienautoren in diesem Jahr mit einem neuerlichen Zuführungsbedarf von 11 Mio. Euro.

ZZR: Der Großteil des Weges scheint geschafft

Um die Anforderungen der ZZR auch für die Zukunft abschätzen zu können, haben die Assekurata-Analysten im EKG-Check die ZZR-Entwicklung für verschiedene Szenarien hochgerechnet und auf diese Weise ermittelt, dass die ZZR bei einem konstant niedrigen Zinsniveau ihren Höchststand im Jahr 2028 mit 130 Mrd. Euro erreichen würde. Geht man davon aus, dass die Lebensversicherer bis Ende 2021 einen ZZR-Bestand von rund 97 Mrd. Euro aufgebaut haben, so hätten sie in diesem Assekurata-Szenario also bereits drei Viertel des Weges geschafft, wie Heermann vorrechnet. Entwarnung gibt er dennoch nicht, denn je nach Bestandszusammensetzung und Einnahmenstruktur könne bei einzelnen Unternehmen der bisherige Ausfinanzierungsgrad deutlich geringer liegen, was einen ZZR-Aufbau durchaus auch noch bis in die 2030-er Jahre hinein erforderlich machen würde.

Ertragspuffer von lediglich 0,37%

Lebensversicherer im EKG-Check: Große Unterschiede in der Ertragskraft

Wie stark die ZZR-Zuführungen und Altgarantien die Ertragslage der Lebensversicherer im Niedrigzinsumfeld belasten, zeigen die Assekurata-Analysten anhand eines Abgleichs der vereinnahmten Kapitalanlageerträge mit den Rechnungszinsanforderungen. Hier kommt die Branche im Jahr 2020 durchschnittlich nur noch auf einen Ertragspuffer in Höhe von 0,37% der Deckungsrückstellung. Zugleich stellt Assekurata fest, dass die ZZR-Zuführung ein wesentlicher Treiber der Rechnungszinsanforderungen ist, wodurch letztlich der zu verteilende Rohüberschuss limitiert wird (siehe nebenstehende Grafik).

Ertragskraft: Große Streuung im Markt

Um den Zusammenhang zwischen Ertragskraft und Garantie zu verdeutlichen, hat Assekurata in der Studie das Ertragskraft-Garantie-Profil (EKG-Profil) der einzelnen Lebensversicherer ermittelt und die garantiebedingten Rechnungszinsanforderungen der vorhandenen Ertragskraft gegenübergestellt. Dabei wurden neben der Kapitalanlage auch weitere Ergebnisquellen und die anteiligen Bewertungsreserven berücksichtigt.

Lebensversicherer im EKG-Check: Große Unterschiede in der Ertragskraft

In nebenstehendem Koordinatensystem ist die Position der einzelnen Lebensversicherer vermerkt. Aus Anbietersicht ist eine Position möglichst weit rechts oben von Vorteil, da sie einen geringen Rechnungszins, der rechts auf der waagerechten Achse zu finden ist, und eine insgesamt hohe Ertragskraft, angesiedelt oben auf der senkrechten Achse, ausdrückt. Die Assekurata-Analysten haben die nach Prämieneinnahmen zehn größten Lebensversicherer im Koordinatensystem namentlich benannt (siehe grüne Punkte). Der Abstand der grünen Punkte voneinander verdeutliche, wie groß die Unterschiede zwischen den einzelnen Lebensversicherern sei und dass es vor allem hinsichtlich der vorhandenen Ertragskraft eine deutliche Streuung im Markt gebe, kommentiert Lars Heermann das Koordinatensystem.“ (ad)

Weitere Informationen zum Assekurata-EKG-Check der deutschen Lebensversicherer gibt es unter www.assekurata-rating.de>

Bild: © tete_escape – stock.adobe.com; Grafiken: © Assekurata

Source: ImmoCompact