Die Debatte um ein Provisionsverbot in der Finanzanlagenberatung reißt nicht ab – eher im Gegenteil. Durch die Blumen wird die Diskussion immer hitziger. Vor etwa einem Jahr wurde im Auftrag der EU-Kommission die EU-Kleinanlegerstudie von Kantar veröffentlicht, in der es hieß, dass durch Provisionsberatung vertriebene Finanzprodukte mit 35% höheren Kosten versehen sind als Produkte ohne Provisionsberatung. Im Februar 2023 mussten die Studienautoren allerdings einen Berechnungsfehler einräumen: In Wirklichkeit sollten es nur 24 bis 26% sein, wie es in der korrigierten Fassung der Studie „Disclosure, inducements and suitability rules for retail investors“ heißt.

Dann gab es Anfang April 2023 eine Studie von der Uni Regensburg, die darlegen soll, dass Provisionsverbote eine durchaus nennenswerte Auswirkung auf die Anlagerenditen hätten, nämlich 1,7% p. a. (AssCompact berichtete). Und nun bringt eine weitere Untersuchung vom Institut für Finanz- und Aktuarwissenschaften der Universität Ulm Feuer in die Debatte. Jene Untersuchung von Prof. Dr. Jochen Ruß, Prof. Dr. Alexander Kling und Dr. Andreas Seyboth, erstellt im Auftrag des Bundesverbands Deutscher Vermögensberater (BDV), stellt nicht nur die Brauchbarkeit der Kantar-Studie im Allgemeinen infrage, sondern will zusätzlich belegen, dass eine Koexistenz von Provision- und Honorarberatung in jedem Fall notwendig sei.

Kantar-Studie sollte die Diskussion nicht derart beeinflussen

Mairead McGuinness, die Kommissarin für Finanzdienstleistungen, Finanzstabilität und Kapitalmarktunion in der EU-Kommission hatte die Kantar-Studie ursprünglich in Auftrag gegeben, um den politischen Entscheidern eine Basis zu geben, auf der die Debatte um ein mögliches Provisionsverbot geführt werden kann. Doch genau darin liegt das Dilemma, wie auch das ifa in einer Mitteilung zu seiner neuen Studie schildert. Die Argumente und Ergebnisse der Kantar-Studie wurden wegweisend für die politische Diskussion über Provision – dabei allerdings Ruß, Kling und Seyboth zufolge oft fehlinterpretiert.

Es gebe keinen quantitativen Beitrag zur Frage, ob für Verbraucher, die bei finanziellen Entscheidungen Beratung wünschen, eine nicht mit Provisionen finanzierte Form der Beratung besser geeignet wäre. Die Kantar-Studie zeige lediglich, dass ausgewählte Fonds, in welche Vergütungen für den Vertrieb eingepreist sind, teurer seien als ausgewählte Fonds, bei denen das nicht der Fall ist. Eine den ifa-Studienautoren zufolge „banale Aussage“, die aber fälschlicherweise als Nachteil provisionsbasierter Beratung verstanden und außerdem auf Versicherungs- und Altersvorsorgeprodukte gleich mit übertragen wurde. Über diese gebe es weder irgendeine Aussage noch seien dazu Analysen durchgeführt worden.

Weiterhin würden Argumente jenseits einer reinen Kostenbetrachtung gänzlich ausgeblendet. Beispielsweise könne in Ländern mit Provisionsverbot beobachtet werden, dass diejenigen Verbraucher, die Beratung am dringendsten benötigen, nicht bereit bzw. in der Lage seien, alternative Beratungsvergütungen wie Honorare zu bezahlen.

Quantitative Argumente für eine Koexistenz von Provision und Honorar

Prof. Ruß und sein Team haben also im Auftrag des Bundesverbands Deutscher Vermögensberater e. V. eine Studie angefertigt, um zu untersuchen, für welche Typen von Verbrauchern welche Form der Beratungsvergütung kostengünstiger ist. Hierzu wurden quantitative Analysen anhand verschiedener Vergütungsmodelle durchgeführt und jeweils die Beitragshöhe ermittelt, unterhalb der eine provisionsbasierte Beratung günstiger ist als eine Honorarberatung.

Hier habe sich deutlich ergeben, dass für Verbraucher, die regelmäßig eher kleine Summen sparen (die also im Rahmen der EU-Kleinanlegerstrategie besondere Beachtung erhalten müssten) provisionsbasierte Modelle meist kostengünstiger seien als Honorarmodelle. Bei monatlichen Sparraten von unter 100 Euro schneide ein Verbraucher stets günstiger ab. Bei in der Altersvorsorge typischen Vertragslaufzeiten von 20 bzw. 30 Jahren sei das Provisionsmodell sogar bis zu einem monatlichen Beitrag von 186 bzw. 129 Euro günstiger.

Es sei also erstrebenswert, dass Provisionsberatung und Honorarberatung miteinander existieren, finden die Studienautoren – selbst wenn man ausschließlich mit Kosten der Beratung argumentiere und alle anderen Argumente außer Acht lässt. Die Behauptung, dass ein Modell stets dem anderen Modell überlegen sei, sei „schlicht unsinnig“. (mki)

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Source: ImmoCompact