Finanzchef24 hat seinen ersten Gewerbeversicherungsreport vorgestellt. Darin sieht das InsurTech den Markt im Aufbruch. „Ob Betriebshaftpflicht-, Vermögensschadenhaftpflicht-, Inhalts-, Cyber- oder D&O-Versicherung: Viele Produktentwicklungen und die Nachfrage werden aktuell von externen Faktoren angestoßen. Die Wirtschaft befindet sich durch Disruption im massiven Wandel, die Corona-Pandemie und zunehmende Unwetterkatastrophen bringen völlig neue Risiken aufs Tapet, und die Nachhaltigkeitsdebatte ordnet Themen neu“, erklärte Tobias Wenhart, Co-CEO bei Finanzchef24, bei der Vorstellung des Berichts.

KMU im Blick

In den Fokus der Anbieter rücken zunehmend Kleinunternehmer und der Mittelstand. Inzwischen würden sich etliche traditionelle Versicherer komplett auf den Mittelstand konzentrieren, so Wenhart weiter. Die kleinen und mittelständischen Gewerbekunden wiederum würde von besseren Tarifstrukturen, individuelleren Produkten, vergleichbareren Leistungen und sinkenden Prämien profitieren.

Zur Entwicklung der Prämien

In den Sparten Betriebshaftpflicht, Vermögensschadenhaftpflicht und Geschäftsinhalt sind die Prämien im Mittel tendenziell leicht gesunken. Beim Rechtsschutz und bei D&O-Produkten sind sie dagegen eher gestiegen. In der Betriebshaftpflicht beispielsweise sind die jährlichen Prämien für Kleinst- und Kleinunternehmer von 2018 bis 2021 von etwa 300 Euro auf rund 240 Euro zurückgegangen. Dies entspricht einem Minus von etwa 20%, wie Finanzchef24 in einer Musterberechnung ermittelt hat.

Trend zu Hybridisierung – Berufe immer vielfältiger

Als weiteren Trend nennt das InsurTech die Hybridisierung. So bringe das Nebeneinander von Offline und Online für viele Berufsgruppen neue Herausforderungen mit sich. „Im Maschinenbau geht es bereits heute eher um Software denn um Maschinen. Auch für den Messebau bedeutet die Messe nicht mehr nur der analoge Stand, bei dessen Design, Produktion, Transport sowie Auf- und Abbau es Probleme geben kann, die versichert werden wollen. Der Messebauer verwirklicht heute Messestände immer öfter zugleich digital. Hier reichen die Risiken von falschen Inhalten, Softwarefehlern und fatalen Marketingentscheidungen bis hin zu Hackerangriffen“, erläuterte Wenhart. Die Hybridisierung betrifft aber auch das Nebeneinander von Tätigkeiten, die bislang noch explizit einer Berufsgruppe zuzuordnen waren. So sind gerade bei den Selbstständigen und Kleinstunternehmen heute Handwerker immer häufiger gleichzeitig als Maurer, Fliesenleger und Elektriker im Einsatz.

Individueller Versicherungsschutz gefragt

Diese Entwicklungen stellen auch neue Herausforderungen an die Versicherungen. Es gehe nun darum, die Kunden individueller abzuholen. „Die Produkte müssen individueller werden. Versicherern muss es gelingen, kleine Unternehmen, die viele Produkte und Dienstleistungen anbieten, gut abzubilden“, so Wenhart weiter. Für den Versicherungsschutz ist ausschlaggebend, wie die Gewerbekunden arbeiten und welche Gefahren abzusichern sind.

Nachfrage nach Elementar- und Cyberschutz steigt

Wie der Blick auf den Gewerbemarkt außerdem zeigt, wächst das Interesse an Elementarschadenversicherungen infolge der Extremwetterereignisse. Hackerangriffe und IT-Probleme wiederum treiben die Nachfrage nach Cyberschutz an. Dem Kleinst- und Kleinunternehmer seien die Gefahren durch Phishing und Ausfälle der IT-Infrastruktur zunehmend bewusst. Cybeversicherungen als Standalone-Produkte seien vielen Gewerbetreibenden aber noch zu teuer. Besser funktionieren würden dagegen Bausteinlösungen.

Grüne Produkte zunehmend im Fokus

Darüber hinaus rücken grüne Gewerbeversicherungen ins Blickfeld von Kunden und Anbietern. „Aktuell erleben wir eine Findungsphase, bei der die Parameter definiert werden. Klimaneutralität ist nur ein Faktor“, erklärte Wenhart. Erste Versicherer würden bei grünen Produkten im Schadenfall bis zu 20% Mehrleistungen zahlen, wenn im Gegenzug ökologische, nachhaltigere oder sparsamere Materialien verbaut oder nachhaltigere Firmen beauftragt werden. Andere Gesellschaften sichern KMUs speziell ab, die auf Photovoltaik oder Geothermie setzen und damit anderen Gefahren ausgesetzt sind. Auch die E-Mobilität hält in grünen Produkten Einzug, wie Absicherungslösungen für E-Ladestation oder Wallboxen zeigen.

Pandemie beflügelt Online-Nachfrage

Was den Vertrieb von Gewerbeversicherungen angeht, stehen die Zeichen auf digital bzw. hybrid. Laut Finanzchef24 sind Anbieter mit digitalen und hybriden Vertriebsformen die Gewinner und werden es in Zukunft sein. „Der Onlinevertrieb wächst jedoch überproportional. Wir verzeichnen in fast allen Sparten jährliche Zuwachsraten bei der Nachfrage im zweistelligen Bereich“, so Wenhart. (tk)

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