Interview mit Dr. Matthias Salge, Sprecher des Vorstandes, und Jens van der Wardt, Leiter Maklervertrieb bei der Grundeigentümer-Versicherung (GEV)
Herr van der Wardt: Sie sind jetzt seit genau einem Jahr bei der GEV. Was sind Ihre Hauptaufgaben?
Jens van der Wardt (vdW): Als Leiter des Maklervertriebs der GEV verantworte ich die bundesweite Steuerung der dezentralen Maklerbetreuung, des zentralen Maklervertriebscenters für Angebote und Verträge sowie des Key-Account-Managements für Pools und Finanzvertriebe.
Die Starkregenunwetter im Sommer 2021 haben gezeigt, wie verletzlich Wohngebäude gegenüber bestimmten Risiken sind. Wie schätzt die GEV diese Risiken ein und welche Schlüsse wurden daraus hinsichtlich Ihres Produktportfolios in der Wohngebäude- bzw. Elementarschadenversicherung gezogen?
Dr. Matthias Salge (MS): Die Schäden nach Starkregen und Überschwemmungen sind oft erheblich. Und viele Versicherungsnehmer sind aktuell nicht dagegen abgesichert. Deshalb empfiehlt auch der Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft (GDV) den Kunden, das steigende Risiko mit dem Zusatzbaustein Elementar abzusichern. Nur dieser deckt beispielsweise Reparaturen, Trockenlegung und Sanierung des Gebäudes nach einer Überschwemmung durch Starkregen ab. Wir raten unseren Maklern, sowohl eine Wohngebäude- als auch eine Hausratversicherung nur noch mit dem Zusatzmodul Elementarschutz anzubieten. Dadurch kommt der Makler seiner Beratungspflicht nach und beugt der Maklerhaftung vor.
vdW: Schon vor Tief Bernd haben wir eine bundesweite Wohngebäude-Bestandsaktion durchgeführt und den Kunden einen einfachen Einschluss des Elementarschutzes angeboten. Dies hat die Durchdringung des Elementarschutzes im Bestand erheblich erhöht. Bei unserer aktuellen Produktgeneration liegt die Anbündelungsquote des Moduls Elementarschutz bei 78% und steigt stetig weiter.
Preis und damit Abschluss einer Elementarschadenversicherung wird erheblich durch das Lagerisiko des Gebäudes bestimmt. Wiegelangt der Makler zu einer für den Kunden verantwortungsbewussten Einschätzung dieses Risikos und mit welchen Herausforderungen sieht sich der Makler dabei überhaupt konfrontiert?
MS: Zur Einschätzung des Risikos eines Elementarschadenereignisses wird marktüblich das Zonierungssystem „ZÜRS“ genutzt. Über dieses System erhalten Versicherer automatisiert über die Adresse objektbezogene Informationen über Schadenwahrscheinlichkeiten. Dabei wird die Lage des Grundstücks hinsichtlich der Nähe zu Gewässern, Hanglagen und Starkregenwahrscheinlichkeiten beurteilt. Liegt das Risiko dabei in einer höheren Gefährdungszone, kann es – neben einer angepassten Preisfindung – zu weiteren individuellen Prüfungen kommen. Hierbei wird dann über Anforderung von Fotos vom Gebäude und der Umgebung sowie Fragen zu Hangneigungen, Entfernungen und ggf. Gebäudesicherungen eine individuelle Entscheidung getroffen. Außerdem ist immer eine individuelle Prüfung erforderlich, sofern bereits Elementarschäden am Objekt eingetreten sind.
Inwiefern bietet die GEV bei der Einschätzung dieses Lagerisikos Unterstützung für den Vermittlerbetrieb?
vdW: Sofern es gemäß der Gefährdungsklassen oder der Vorschadensituation zu einer individuellen Prüfung kommen muss, werden dem Makler explizite, dem Einzelfall entsprechende Fragen gestellt. Der Makler beantwortet diese dann gewissenhaft gemeinsam mit dem Kunden – natürlich unterstützen wir unsere Vertriebspartner auch hierbei immer gerne. Er reicht die gewünschten Unterlagen bei uns ein, ohne selbst eine Einschätzung über das Risiko treffen zu müssen.
Wie bewertet die GEV in diesem Zusammenhang die jüngsten GDV-Aussagen zur Elementarschadenversicherung?
MS: Der GDV spricht sich zunehmend für Opt-out bei Elementarschutz aus. Damit sollen die Wohngebäudepolicen in Zukunft nur noch inklusive Elementardeckung verkauft werden. Wenn der Kunde den Schutz ausdrücklich nicht wünscht, muss er ihn aktiv abwählen. Auch wir als GEV unterstützen diesen Ansatz und bieten schon jetzt grundsätzlich Wohngebäude und Hausrat mit Elementarschutz an. Parallel sollte aber auch in besonders gefährdeten Gebieten das Baurecht angepasst werden. Gegebenenfalls muss eine Baugenehmigung auch einmal verweigert werden.
Kommen wir auf die Haftungssicherheit in der Wohngebäudeversicherung zu sprechen: Welche Bedeutung hat das Thema für die GEV bzw. für den Makler?
MS: Bei unseren Premiumprodukten profitieren unsere Kunden von vielen relevanten Garantien. Insbesondere die Bestleistungsgarantie ist dabei hervorzuheben. Dies gibt unseren Vertriebspartnern ein sicheres Gefühl und grenzt die Maklerhaftung sowohl bei Neu- als auch bei Bestandskunden erheblich ein.
Wie sehen die Lösungen bei Bestands- bzw. Innovationsupdates aus?
vdW: Im Rahmen der Leistungs- und Innovationsgarantie garantieren wir die Einhaltung der in den Mindeststandards des Arbeitskreises Beratungsprozesse für die Wohngebäudeversicherung (Stand 06.01.2016) aufgeführten Leistungen – auch ohne ausdrückliche Erwähnung in den allgemeinen Versicherungsbedingungen für die Wohngebäudeversicherung (VGB 2018) oder den zugehörigen besonderen Bedingungen. Werden die dem Vertrag zugrunde liegenden Bedingungen zum Vorteil der Versicherungsnehmer und ohne Mehrbeitrag geändert, so gelten die neuen Bedingungen mit sofortiger Wirkung auch für diesen Vertrag.
In diesem Zusammenhang fallen vermehrt Begriffe wie „Nutzen von Bestleistungsgarantie“, „Besitzstandsgarantie“ oder auch „Summen- und Bedingungsdifferenzdeckung“. Können Sie mir bitte hier die Zusammenhänge näher erläutern?
vdW: Garantien spielen in der Tat gerade im Maklervertrieb eine immer wichtigere Rolle und sind integraler Bestandteil unserer Premium-Tarife. Zur Abgrenzung lässt sich vereinfacht sagen: Stellt sich im Schadenfall heraus, dass der Versicherungsnehmer beim vorherigen Versicherer in Bezug auf den Versicherungsumfang bessergestellt gewesen wäre, wird über die Besitzstandsgarantie nach dem letzten Stand des Vorvertrages reguliert. Sofern ein neu abgeschlossener Vertrag unmittelbar an eine bestehende Versicherung anschließt, ergänzt die Differenzdeckung die bestehende Versicherung für dasselbe Risiko bis zum Vertragsbeginn des neuen Vertrages. Bietet ein anderer Versicherer einen besseren oder höheren Deckungsumfang an, so wird der vertragliche Deckungsumfang entsprechend erweitert. Das ist dann die Bestleistungsgarantie.
MS: Zu beachten ist allerdings gerade im Hinblick auf den Elementarschutz: Wenn ein Kunde bei uns kein zusätzliches Elementar-Modul abgeschlossen hat, kann der Schutz auch über eine Garantie nicht greifen. Darauf sollte der Makler bei einem Neuabschluss hinweisen und dieses dokumentieren.
Welche neuen Services bietet die GEV?
vdW: Um die Effizienz der Maklerbüros zu unterstützen, haben wir unsere BiPRO-Strategie weiterentwickelt und führen 2022 ein neues Maklerportal ein, das GEV MaklerNet. Das Portal gibt sehr benutzerfreundlich Einblick in aktuelle Kundendaten und Dokumente. Die Berechnung von Angeboten geht im neuen Online-Tarifrechner sehr schnell. Unsere Vertriebspartner profitieren aber auch weiterhin vom persönlichen Service durch die GEV Maklerbetreuer in den Regionen und das zentrale Maklervertriebscenter. Denn genauso wertvoll wie digitale Lösungen bleibt für uns in Zukunft der zwischenmenschliche Kontakt.
Dieses Interview lesen Sie auch in AssCompact 01/2022, S. 38 f., und in unserem ePaper.
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