Interview mit den Prozessspezialisten der Versicherungsgruppe WWK: Kornelius Niemeyer, Leiter Verkaufstechnologie, Igor Antonijevic, Key-Account-Manager für Vertriebsprozesse und Thomas Neumeier, Projektleiter Verkaufstechnologie
Herr Niemeyer, Digitalisierung im Versicherungsvertrieb steht oft als Schlagzeile über den News. Wie sehen Sie bei der WWK als Leiter der Einheit Verkaufstechnologie die Entwicklungen am Markt?

Kornelius Niemeyer: In den letzten Jahren sind viele InsurTechs an den Start gegangen, um Vertriebsprozesse der Versicherungswirtschaft zu revolutionieren. Ob Angebotsprozess oder Bestandsverwaltung, Initiativen gab es genug. Erste Ideengeber sind inzwischen vom Markt verschwunden oder in anderen Gesellschaften aufgegangen. Die erfolgreichen Start-ups revolutionieren inzwischen in Nischen das Geschäft. Was bleibt, ist der Weckruf, neue Wege zu gehen und Mehrwerte zu schaffen.

Sind Sie der Ansicht, dass Innovationen im Vertrieb notwendig sind?

Kornelius Niemeyer: Ja, die Branche muss sich weiterentwickeln. Steigende Anforderungen, ob Regulatorik oder bedarfsgetriebene Ziele, sie alle zwingen Versicherer, Vertriebe und Plattformpartners ihre Prozesse zu überdenken. Denn der Kostendruck hält bei sinkenden Margen an.

Etwa 1,5 Jahre Pandemie-Betrieb im Vertrieb liegen hinter uns. Wie hat Corona die Entwicklung bei Vertriebsprozessen aus Ihrer Sicht verändert?

Kornelius Niemeyer: Während Web-­Meeting und Online-Beratung in der Covid-Pandemie stark zugenommen haben, bleiben digitale Abschlussstrecken in der Lebensver­sicherung eine Seltenheit. Im einfachen Segment der privaten Sachversicherungen sind sie dagegen üblich. Meist endet der digitale Fortschritt im LV-­Bereich auf Vergleichs- und Analyse­plattformen mit dem PDF-Antragsdruck. Der Medienbruch ist vorprogrammiert. Verwertbare Datensätze für alle Beteiligten sind ein frommer Wunsch. Stattdessen werden vorwiegend administrative Aufwände der Vertragsverwaltung optimiert.

Wenn Sie in die Zukunft blicken, wie beurteilen Sie die anstehenden Entwicklungen?

Kornelius Niemeyer: Makler, Vertriebe sowie Pools setzen vermehrt auf Schnittstellen-Partner mit smarten Prozessen. Ziel ist die Reduzierung von manuellen Tätigkeiten im After-Sales-Management und mehr Freiraum für qualitative Kundenberatung. Denn die Etablierung von digitalen Vertriebsprozessen ist maßgeblich für den Erfolg. Digitale Lösungen bewegen sich gleichsam auf Augenhöhe mit Produkt und Courtage.

Herr Antonijevic, Sie sind als Key-Account-Manager für Vertriebs­prozesse im stetigen Austausch mit Partnern der Branche.
Sind diese Trends bloßer Hype oder inzwischen State of the Art?

Igor Antonijevic: Wir bei der WWK sind der Meinung, die Prozessoptimierung wird zunehmen und unsere Zukunft mitgestalten. Smarte Prozesse benötigen dafür aber einen Standard, mit dem alle die gleiche Sprache sprechen. BiPRO-Normen sind dafür eine exzellente Basis. Statt Insellösungen zu etablieren, werden mit BiPRO bedarfsgerechte Services zwischen Versicherer und Vertrieb geschaffen. Aus diesem Grund investiert die WWK seit Jahren in den Auf- und Ausbau von BiPRO-konformen Schnittstellen. Ob Geschäftsvor­fälle, Deeplinks, Bestandsdaten oder Abschlussstrecken: In allen Teil­bereichen engagiert sich die WWK für die Verbreitung.

Für Vertriebspartner ist es schwer, von außen beurteilen zu können, ob ein Versicherer bereits standardisierte Schnittstellen und Prozesse anbietet. Wie behält man hier den Überblick?

Igor Antonijevic: Wer BiPRO in herausragender Form lebt, der hat eventuell schon den begehrten BiPRO-Award erhalten. Er ist ein Zeichen für hohe Qualität und Engagement in der Verbreitung. Einen weiteren Überblick bietet das Prozesssiegel des IT-Dienstleisters softfair aus Hamburg. Dieses Ranking orientiert sich an den Bedürfnissen von Pools, Maklern und Vertrieben und hält den Versicherern einen Spiegel vor, welche Defizite noch zu beheben sind.

Als WWK haben wir bereits beide Auszeichnungen erhalten. In Gesprächen mit Partnern wird das wertgeschätzt.

Herr Neumeier, Sie begleiten seit Anbeginn das Thema BiPRO bei der WWK und verantworten speziell die BiPRO-Abschlussstrecken in Ihrem Haus. Warum glauben Sie daran, dass Leben-Abschluss­strecken aus dem bisherigen Schattendasein heraustreten und an Bedeutung gewinnen könnten?

Thomas Neumeier: Mit den LV-­Abschlussstrecken nach BiPRO sorgen wir für unsere Partner für Zeitersparnis, und das schaffen wir in Kooperation mit unseren Plattform-Partnern im B2B-Bereich wie Franke und Bornberg, softfair und weiteren. Wir kommen quasi dorthin, wo sich unsere Vertriebspartner befinden, und zwingen keinen auf WWK-eigene Angebotskomponenten. E-Signatur-Lösungen sorgen für den medienbruchfreien Abschluss.

Welche Mehrwehrte bieten diese Lösungen den Anwendern?

Thomas Neumeier: Wir favorisieren Prozesse, die sich den Wünschen der Vertriebspartner anpassen. Smarte Prozesse folgen den Anwendern und nicht umgekehrt. Nur so wird die Akzeptanz steigen. Eine nicht zu vernachlässigende Bedeutung kommt hier der Anwenderführung in einfachen Dialogen mit intelligenten Eingabefeldern und Echtzeit-Prüfung zu. Nur so lassen sich unkomplizierte und schnelle Bearbeitungszeiten realisieren und nachträglich störende Rückgaben vermeiden. Bei komplexen Riester-Anträgen schaffen wir bei der WWK damit sogar eine Dunkelpolicierung, die in der Regel vorwiegend nur bei einfachen Sachtarifen üblich ist.

Gibt es Beispiele?

Thomas Neumeier: Mit Franke und Bornberg haben wir bereits gemeinsam viel erreicht. Die jüngste Entwicklung am Markt ist DIGITAS von softfair, eine in Kooperation von einzelnen Maklerpools und Vertrieben gestaltete einheitliche LV-­Antragsstrecke, für die erste Versicherer gewonnen wurden.

Das Ziel: Die Akzeptanz im Vertrieb dank flexibler Eingabemasken, Zwischenspeichermöglichkeiten und eines einheitlichen Designs über alle Versicherer und Tarife hinweg zu steigern. Die WWK begleitet diese Initiative seit Beginn und ist mit vielen LV-Tarifen darin vertreten. So lässt sich maximaler Komfort für alle Beteiligten herstellen.

Das Interview lesen Sie auch in AssCompact 10/2021 und in unserem ePaper.

Bild: © Looker_Studio – stock.adobe.com; Porträtfotos: © WWK

Source: ImmoCompact