Zum vierten Mal seit 2012 hat Wüest Partner den „Pflegeheimatlas Deutschland“ veröffentlicht, der künftige Entwicklungen beleuchtet. Den Prognosen zufolge dürften im Jahr 2040 rund 5,1 Millionen Menschen hierzulande pflegebedürftig sein. Daraus entsteht ein zusätzlicher Bedarf je nach Prognoseszenario zwischen 185.000 und 230.000 Pflegeheimplätzen.
Ambulante Pflege und neue Konzepte nehmen an Bedeutung zu
Viele ältere Menschen wollen möglichst lange in den eigenen vier Wänden leben. Die Zahl der ambulant versorgten Pflegebedürftigen hat seit 2015 um 41,9% auf 983.000 zugelegt. „Die Heimquote, also der Anteil an Pflegebedürftigen, die stationär im Heim versorgt werden, ist bedingt durch die Stärkung der ambulanten Pflege von 30% im Jahr 2015 auf 23,2% im Jahr 2019 gesunken“, erläutert Karsten Jungk, Geschäftsführer und Partner bei Wüest Partner.
Die künftige Entwicklung der Heimquote sei derzeit schwer vorherzusagen. „Faktoren wie die anhaltende Stärkung der ambulanten Pflege, die Förderung von altersgerechtem, barrierefreiem Wohnungsbau und die staatliche Unterstützung pflegender Angehöriger sprechen jedoch für ein weiteres Absinken“, so Jungk weiter.
Höhere Ansprüche an das Wohnen im Alter
„Wir stellen fest, dass sich die Nachfrage im Pflegebedarf zusehends ausdifferenziert“, erklärt Constantin Gutknecht, Geschäftsführer der Quantum Medical Care GmbH bei der Vorstellung des Pflegeheimatlas. Wünsche und Ansprüche an das Wohnen im Alter seien deutlich gestiegen.
Ambulante und stationäre Pflege intelligent vernetzen
Die künftige Pflegegeneration setzt auf Qualität, Individualität und Selbstständigkeit und verfügt auch über die erforderlichen finanziellen Mittel, um sich eine solche Versorgung leisten zu können.
Für Investoren gilt es, auf diesen Bedarf zu reagieren und den Schwerpunkt auf Konzepte zu legen, die ambulante und stationäre Pflege intelligent miteinander kombiniert. „Wir erwarten, dass sich entsprechend auch das Angebot in den kommenden Jahren weiter ausdifferenzieren wird“, so Gutknecht weiter.
Entwicklung weiter hin zu kleineren Pflegeheimen
Die Zahl der Pflegeplätze pro Pflegeheim geht seit Jahren zurück. Waren es im Jahr 2005 noch durchschnittlich 73 Plätze pro Heim, verringerte sich der Wert 2015 auf 68 Plätze und 2019 auf 63. Somit hat die Zahl der Pflegeheime, die seit 2009 errichtet wurden, mit einem Plus von 32,2% deutlich stärker zugelegt als die Zahl der Pflegeplätze. Deren Anzahl hat nur um 14,7% zugenommen.
Die Ursachen für diese Entwicklung sehen Wüest Partner unter anderem im Bedarf nach kleineren Heimen sowie in den Landesheim-Gesetzen, die in einigen Bundesländern die Größe von Heimeinreichtungen vorschreiben. In Nordrhein-Westfalen beispielweise darf ein neu errichtetes Pflegeheim ausschließlich Einzelzimmer und maximal 80 Plätze haben.
Rund 1.850 zusätzliche Pflegeheime bis 2040 erforderlich
Auf Grundlage der Bevölkerungsvorausberechnung sowie der Annahme einer rückläufigen Heimquote geht Wüest Partner für 2040 von einem zusätzlichen demografisch bedingten Pflegebedarf von rund 185.000 Pflegeheimplätzen aus. „In den kommenden zwanzig Jahren werden somit rund 1.850 zusätzliche Pflegeheime mit jeweils 100 Betten benötigt“, erläutert Jungk.
Größter Zusatzbedarf in Bayern, Nordrhein-Westfalen und Baden-Württemberg
Den absolut höchsten Bedarf hat Berlin mit 6.022 Plätzen vor Hamburg mit 2.148 Plätzen und der Region Hannover mit 1.989 Plätzen. Betrachtet man die Bundesländer, so verzeichnen die drei einwohnerstärksten Länder auch den größten Bedarf: Auf Platz 1 rangiert Bayern mit rund 33.500 benötigten Plätzen, an 2. Position findet sich Nordrhein-Westfalen mit 32.300 Plätzen und auf Rang 3 Baden-Württemberg mit 25.900 Plätzen.
Nachfrageüberhang lässt Renditen sinken
Das Transaktionsgeschehen am Markt für Pflegeheimimmobilien wird vor allem von institutionellen Investoren geprägt. Infolge der Corona-Pandemie ist das Interesse an Investitionen in Objekte mit stabilen Miet- und Pachteinkünften gewachsen. Entsprechend hat die Nachfrage nach Gesundheits- und Pflegeimmobilien zugenommen. „Ein wesentlicher Aspekt, warum institutionelle Investoren gerade verstärkt in diesen Markt eintreten, ist das Thema Resilienz“; erklärt Constantin Gutknecht. „Die geringe Konjunkturabhängigkeit der Asset-Klasse gepaart mit langlaufenden Pachtverträgen ist für viele Investoren interessant, die eine Income-Strategie verfolgen. Durch alle Rezessionsphasen der vergangenen 30 Jahre hinweg sind die Gesundheitsausgaben stetig gestiegen. Diese Robustheit ist einer der Hauptgründe, warum der Markt für Gesundheitsimmobilien in den vergangenen Jahren und auch aktuell solch eine hohe Dynamik aufweist. Im Zuge dessen hat eine Konsolidierung und Professionalisierung aufseiten der Betreiber eingesetzt. Zudem gibt es im Vergleich zu anderen, etablierten Immobiliensegmenten ein Renditeplus von rund 100 Basispunkten.“
Doch es besteht ein Mangel an passenden Angeboten. Der Nachfrageüberhang sorgt für rückläufige Rendite. In den vergangenen Jahren gab es ein Absinken um 100 bis 200 Basispunkte. Die Anfangsrenditen für langjährig vermietete, reine Pflegeheime variieren derzeit zwischen 4,0 und 7,0%.
Stockender Neubau wegen Flächen- und Fachkräftemangel
Was geeignete Flächen für den Neubau von Pflegeimmobilien betrifft, herrscht Mangelware. Dies betrifft vor allem die Metropolen und Großstädte in Deutschland. „Beispielsweise stehen wir bei uns in Hamburg auch in Konkurrenz zum Wohnungsbau», erzählt Thomas Flotow, Sprecher der Geschäftsführung von PFLEGEN & WOHNEN HAMBURG GmbH. „Das größere Problem bei der Ausweitung des Pflegeangebotes ist jedoch die mangelnde Verfügbarkeit von Fachkräften. Die Rekrutierung von Personal gestaltet sich nicht nur in ländlichen Regionen, sondern auch in Ballungszentren immer schwerer.“ (tk)
Den vollständigen Pflegeheimatlas finden Sie unter www.wuestpartner.com.
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